HSV stellt mit erstem Auswärtssieg den Anschluss her
GRÄFENHAINICHEN. "Wir haben am Ende gewonnen, weil wir breiter aufgestellt waren." Ines Seidlers Fazit nach dem ersten Auswärtssieg des HSV Naumburg-Stößen in der Premierensaison der Mitteldeutschen Oberliga, dem 33:32 am Sonnabend bei TuS Radis, mag man als Außenstehender kaum nachvollziehen können. Schließlich musste die HSV-Trainerin auf vier verletzte Stammkräfte (Marcel Kilz, Tobias Seyfarth, Marcus Deibicht, Steffen Baumgart) verzichten und quasi mit dem letzten Aufgebot in der Gräfenhainicher Sporthalle antreten. Doch die Burgenländer wuchsen über sich hinaus, zeigten - so Seidler - "als Kollektiv eine sehr starke Leistung" und verhielten sich in den entscheidenden Phasen "endlich einmal mit der nötigen Cleverness, die uns in den Spielen zuvor oft gefehlt hatte".
Dabei war auch die Vorbereitung auf dieses so eminent wichtige Spiel, in dem es für den Vorletzten der Rangliste um nicht weniger als den Anschluss an das untere Tabellenmittelfeld ging, alles andere als optimal gewesen. Die beim Training am Dienstag 13 Grad kalte Sporthalle in der Seminarstraße (wir berichteten) hatte sich bis zum Abschlusstraining am Freitag weiter abgekühlt. "Wir mussten für die Spieler noch ein paar wärmende Pullover besorgen und nach 45 Minuten dennoch das Treiben abbrechen", berichtet Ines Seidler, die die verkürzte letzte Einheit vor dem Radis-Spiel im dicken Anorak geleitet hatte. "Da haben wir uns in der wärmeren Kabine noch ein Video vom Gegner angeschaut, und dies scheint gefruchtet zu haben."
Im Abwehrzentrum bildeten Sebastian Fende und Christian Haufe beziehungsweise Thomas Slamka ein starkes Gerüst. Nach dem Ausfall von Regisseur Steffen Baumgart (eingeklemmter Nerv) übernahmen im Spielaufbau Fende und Jan Schindler Verantwortung. "Sie zerrten immer an den Ketten und versuchten, Tobias Ufer und Martin Linse geschickt einzusetzen", meinte die Trainerin. Und ihr Team habe auch dann noch funktioniert, als die Radiser Ants Benecke mit Manndeckung aus dem Spiel nahmen. Beide Torhüter hätten gute Leistungen gezeigt, "wobei Neuzugang Marco Pajung in der Schlussphase drei wichtige Bälle festhielt".
Am Spielfeldrand fieberte in Gräfenhainichen neben 25 mitgereisten HSV-Fans auch Marcel Kilz mit. Er hätte gegen seine ehemaligen Vereinskollegen von TuS Radis, wo er einst seine sportliche Laufbahn begonnen hatte (wir berichteten), liebend gern aktiv ins Geschehen eingegriffen. Aber er befindet sich nach seinem zweiten Kreuzbandriss noch immer in der Rehabilitation. Er schuftet für sein Comeback, das frühestens im Februar möglich ist, wie er glaubt. Derzeit tankt er vor allem Kondition - schwimmend und auf dem Rad. Beides kann er teilweise gut mit seinem Job im "Bulabana" verbinden, wo er unter anderem Aqua-Cycling-Kurse leitet. "Es blutet einem natürlich immer das Herz, wenn man seinen Teamkollegen auf dem Spielfeld nicht direkt helfen kann. Aber ich will nichts überstürzen, will nicht eine weitere schwere Knieverletzung riskieren, die dann sicher mein Karriereende bedeuten würde", so Kilz. Auf der Bank der Naumburg-Stößener versucht er, den (gesunden) Spielern Tipps zu geben, sie nach Misserfolgen aufzubauen. Manchmal bespricht er mit der Trainerin auch taktische Dinge; von außen sehe man vieles freilich etwas besser.
In Gräfenhainichen sah der verletzte Ballverteiler des HSV eine Gästemannschaft, die "über weite Strecken die überlegene war, die in der zweiten Halbzeit meist mit drei, vier Toren führte, die sich aber durch leichte Ballverluste selbst noch einmal in Bedrängnis brachte". Zum Glück hätten seine Mannschaftskameraden dieses Mal kühlen Kopf bewahrt und am Ende den verdienten Sieg eingefahren. "Dieser ist aber kaum etwas wert, wenn wir jetzt nicht gegen Ronneburg nachlegen", meint Marcel Kilz.
Durch den Sieg gegen Radis ist der HSV zwar noch nicht vom vorletzten Rang der Oberliga weggekommen, doch den Kontakt zu den vor ihm liegenden Teams hat er damit endgültig hergestellt. "Nun können wir am kommenden Sonnabend eigentlich ganz locker in die nächste Partie gehen", sagte Trainerin Ines Seidler. Und in Oebisfeld zum Hinrundenfinale habe man durchaus Siegchancen. Neuen Optimismus im Lager der Burgenländer verbreitet nicht nur die gewachsene eigene Stärke, sondern zudem die Nachricht, dass bereits der elfte Platz - und nicht, wie vor der Saison angenommen, der achte - ganz sicher zum Klassenerhalt reichen wird.
Spielfilm: 3:2 (5. Minute), 4:6 (10.), 7:9 (15.), 16:16 (Halbzeit), 18:21 (35.), 21:24 (40.), 25:27 (45.), 29:29 (50.), 30:31 (55.)
Naumburg-Stößen: Marco Pajung, Maik Pfannschmidt; Sebastian Fende 10 / 5, Tobias Ufer 6, Martin Linse 2, Ants Benecke 7 / 2, Stephan Schreiber, Sascha Kluge 2, Thomas Slamka, Christian Haufe 1, Jan Schindler 5.
Quelle Naumburger Tageblatt