Eine Klasse für sich VON MARCUS BRÄUER, 06.11.11, 19:20h, aktualisiert 06.11.11, 22:00h Spielertrainer Stojan
KÖTHEN/MZ. Es ist ein liebgewordenes Ritual bei der HG 85 Köthen, dass nach jedem Spiel der Kampfhund verliehen wird. Die Auszeichnung bekommt derjenige, der dem Spiel einen Stempel aufgedrückt hat. Die Entscheidung, wer das Plüschtier am Samstag nach der Galavorstellung gegen die HSG Freiberg (36:23) bekommt, war ein schwieriges Vergnügen. Denn: Schlichtweg jeder Spieler hätte es verdient gehabt.
Freiberg stößt an seine Grenzen
Zugegeben: Martin Lux war frühzeitig aus dem Rennen für die Auszeichnung. In der 27. Minute bekam er die Rote Karte, nachdem er Martin Steinfeld bei dessen Tempogegenstoß ein Bein gestellt hatte. "Ich wollte ihn nicht berühren, sondern nur zeigen, dass ich da bin", sagte Lux. Die Berührung sei "zufällig passiert", die Rote Karte hart, aber vertretbar.
Trotz der 15:10-Führung zur Halbzeit war das Gesicht von HG-Präsident Andreas Auerbach sorgenvoll, brach doch mit Lux nach
den Ausfällen von Maik Mischek, Sebastian Loske und Andreas Dominikovic der nächste wichtige Spieler weg. Doch die Sorgen waren letztlich unbegründet. Die Mannschaft machte gleich in den ersten drei Minuten des zweiten Durchgangs deutlich, dass sie nicht gewillt war, das Spiel noch einmal offen werden zu lassen (19:12). Was danach kam, war eine Demonstration der Bachstädter und eine Demontage für Freiberg.
Martin Steinfeld schmunzelte nach der Partie kurz, als er darauf angesprochen wurde, dass sich doch die beiden besten Abwehrreihen der Mitteldeutschen Oberliga gegenüber gestanden hätten. "Wir haben nicht das gemacht, was wir vor hatten", sagte der Linksaußen. "Aggressiv verteidigen" sei die Marschroute gewesen. "Doch Köthen hat zu gut gespielt. Und wir haben uns unserem Schicksal ergeben." Die zweite Halbzeit erinnerte an den Köthener Sieg gegen Staßfurt. Auch damals war mit Rot-Weiß ein hochgehandeltes Team in Köthen an seine Grenzen gestoßen.
Die Wurfeffektivität der HG war so hoch, wie nie zuvor in dieser Saison. Egal wer freigespielt wurde, der Ball landete mit traumwandlerischer Sicherheit im Tor. "Das war eine saustarke Mannschaftsleistung", sagte Ralf Stojan. Der Spielertrainer wollte niemanden hervorheben, tat es dann aber doch. "Die Qualität der Leipziger ist zum tragen gekommen." Stojan meinte damit Martin Müller und Lukas Binder, die Doppelstarter vom SC DHfK Leipzig. Müller gelangen in seinem Debüt neun Tore, Binder erzielte bei seinem zweiten Auftritt im HG-Dress sieben Treffer. Neben der starken offensiven Leistung wurde ihr Wert vor allem in der Defensive deutlich. Bemerkenswert dabei: Obwohl sie fast nie mit der Mannschaft trainieren, funktioniert die Abstimmung. Lukas Binder überraschte das nicht: "Ich wusste, dass unsere Abwehr stehen wird", sagte der 19-Jährige. Er gab aber auch zu: "Es klappt besser, als erwartet." Martin Müller war trotz seines starken Debüts selbstkritisch: "Ich habe zwei, drei Würfe zu früh abgeschlossen. Da kann ich noch besser sein."
"Ich nehme das Tier an"
Bleibt nun noch die Frage zu beantworten, wer den Kampfhund des Tages bekam. Müller und Binder waren es nicht. Andreas Auerbach erhob in der Kabine seine Stimme: "Wenn man an die ersten Würfe keine Hand bekommt, ist es ganz schwer, ins Spiel zu finden." Gemeint war natürlich Alrik Baudler, der sich nach einer schwierigen Anfangsphase steigerte und mit seinen Paraden den hohen Sieg möglich gemacht hatte. "Ich nehme das Tier an", sagte der Ausgezeichnete.
Der Schlüssel zu seiner Leistung war Baudlers erste Parade in der zwölften Minute. Freibergs Uwe Lange tauchte völlig frei am Kreis auf, doch Baudler machte sich breit. "Ab da war ich im Spiel." Und Freiberg war draußen.
Mit der Außenseiterrolle ging es am Samstag für die HSG-Männer nach Köthen zum Drittligaabsteiger. Kampflos sollten die Punkte nicht dort gelassen werden und so machten vor allem auch die jüngsten Freiberger Ergebnisse Mut um auf eine Überraschung zu hoffen. Ein Hoffnungsfünkchen erstickte allerdings bereits vor dem Spiel, als Martin Kovar wegen eines Muskelproblems sicherheitshalber auf den Einsatz definitiv verzichten musste. So waren also neben dem erstmaligen Fehlen von Erik Schönberg auch noch der bisher immer besser ins Spiel gefundene Neuzugang Kovar zu ersetzen.
Beim Aufeinandertreffen der bislang besten beiden Abwehrreihen hatten die Gastgeber von Beginn an die Nase vorn. Die HSG-Defensive versäumte es die Vorgaben der Trainer umzusetzen und so zog Andreas Tietze beim Stand von 6:4 in der 11. Spielminute die Grüne Karte. Dennoch gelang den Hausherren danach im achten Angriff Treffer Nummer Sieben. Mit drei Toren in Folge konnte die HSG jedoch Mitte der ersten Halbzeit zum 7:7 ausgleichen, ehe die Köthener wieder davon zogen (11:7 / Min.). Vor allem die beiden DHfK-Spieler, die mit Zweitspielrecht erstmals bei der HG 85 eingesetzt wurden, trafen nach Belieben in allen Situationen. Auch der sonst so erfolgreiche Torhüterwechsel brachte für die HSG keine entscheidenden Akzente. Der Halbzeitrückstand (15:10) erschien so schon als kaum noch kompensierbar.
Und so fügte sich die zweite Spielhälfte auch nahtlos an die Erste an. Die Köthener trafen weiter aus allen Positionen und bei der HSG schwand nach guten Aktionen auch noch einige Male das Trefferglück. Beim Stand von 22:14 erneut zeitig die Freiberger Auszeit (39. Min.). In der Folge zeigte weder die Umstellung der Abwehr, noch wiederholte Torwartwechsel eine entscheidende Verbesserung. Das Spiel war längst verloren, so dass es fortan nur noch darum ging sich nicht aufzugeben. Es wurde weiter um jedes Tor gekämpft und alles versucht, die Klatsche so gut es ging im Rahmen zu lassen. Ob das gelang, möge beim Endstand von 36:23 jeder für sich selbst bewerten.
Fazit: Wir haben in Köthen verloren. Das war zu befürchten und ist nicht unerwartet. Wir haben unter unserem Möglichkeiten gespielt und sehr hoch verloren, das ist schade. Aber unterm Strich sind es trotzdem nur zwei Minuszähler wie bei jeder anderen Niederlage. Mit 13:5 Punkten stehen wir nach 9 Spieltagen gut im oberen Tabellendrittel und nun muss geschaut werden, was bis nächste Woche gegen Elbflorenz anders gemacht werden muss und kann.
HSG am Wochenende mit schwerer Auswärtsaufgabe in Köthen
Ein Blick auf die Oberligatabelle zeigt, dass in diesem Jahr mindestens drei Vereine den Anspruch auf Podiumsplätze und/oder Aufstieg für sich beanspruchen. Neben den Dresdnern (3. Platz /13:3 Punkte), die vergangenes Wochenende als erste dieser Dreiergruppe eine Niederlage kassierten, wird Tabellenführer HSV Bad Blankenburg (15:1 Punkte) vom Regionalligaabsteiger HG 85 Köthen (15:1 Punkte) verfolgt. Genau zu diesem „dicken“ Ligabrocken müssen unsere HSG-Männer am Samstag reisen.
Dabei steht die HSG ebenfalls gar nicht so schlecht in der Rangliste. Auf Platz 4, mit 13:3 Zählern, ist die Freiberger Mannschaft immer noch die Erfolgreichste der letzten fünf Spieltage. Vor allem die jüngsten Auftritte bei Hoyerswerda und gegen Ziegelheim machen für die bevorstehende und schwere Aufgabe Mut. Das Team fand sich nach etwas holprigem Saisonstart immer besser im Zusammenspiel mit Neuzugang Martin Kovar und so hoffen wir auch den Verlust von Erik Schönberg kompensieren zu können. Nach Christian Neubert ist nun Erik der zweite linkshändige Leistungsträger, der uns in der laufenden Saison verließ. Aber dem Trainergespann stehen genügend Alternativen auf der rechten Seite zur Verfügung und das soll auch in Köthen zum Erfolg reichen.
Zwar fahren wir mit einer kleinen Außenseiterrolle nach Sachsen-Anhalt, aber nicht um dort freiwillig die Punkte abzugeben. Bei dem Vergleich treffen die beiden besten Abwehrreihen (nach Gegentoren) aufeinander. Nach 8 Spieltagen sind diese beiden Mannschaften die beiden Letzten mit weniger als 200 Gegentoren (Köthen 187, Freiberg 194). Auch bei den geworfenen Toren trennt die beiden Teams gar nicht so viel. Mit 224 Treffern rangiert Köthen auf „Platz 7“, Freiberg steht mit 213 Toren vier Plätze weiter unten.
Neben diesen Zahlen, die schon eine enge und spannende Partie erhoffen lassen, gilt noch zu erwähnen, dass die Köthener bislang noch nicht auf Teams aus dem oberen Tabellendrittel trafen. In Hoyerswerda (6. Platz) wurde der bislang einzige Punktverlust eingefahren und Staßfurt (7.) konnte in eigener Halle mit 30:21 am deutlichsten bezwungen werden. Mit dem Spiel am Wochenende gegen die HSG, startet die HG 85 Köthen in die vielleicht schwereren Wochen. Nächsten Spieltag folgt das Auswärtsspiel in Bad Blankenburg und dann kommt Elbflorenz. Der Gastgeber möchte aus diesen 3 Spielen mindestens 4 Punkte mitnehmen. Damit liegt nicht nur die Favoritenrolle, sondern auch ein großer Druck bei Köthen.
Für beide, Köthen und Freiberg, wird das Spiel dabei zum Prüfstein, der aufzeigen wird, ob aus den drei Ligafavoriten vielleicht doch ein Quartett werden könnte.
Anwurf der wegweisenden Partie ist in der Heinz-Fricke-Sporthalle Köthen um 19:00 Uhr.
Text: Jörg Kalinke Quelle: HP HSG Freiberg
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